ERSCHWERTE BEDINGUNGEN

HSG stellt sich sportlich neu und kleiner auf / Corona: Heil kritisiert Verband

15.10.2020
SCHLÜCHTERN/STEINAU

Seit 2015 ist Stefan Heil Vorsitzender der HSG Kinzigtal. In diesem Jahr geht die HSG nur mit jeweils einem Frauen- und einem Männerteam an den Start. Der 53-Jährige sieht eine Saison voller Herausforderungen auf die Vereine zukommen.

Die Männer der HSG Kinzigtal mit dem neuen Trainer Christopher Auth an der Spitze. Foto: Ralf Hofacker

Die Frauen der HSG Kinzigtal mit dem neuen Trainer Mark Groteguth an der Spitze. Foto: Ralf Hofacker

„Einleitend zu diesem Interview möchte ich betonen, dass die Gesundheit aller Beteiligten das höchste Gut ist, das es zu schützen gilt. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten. Es muss aber jedem bewusst sein, dass wir hierfür keine hundertprozentige Garantie geben können“, sagt Heil.

Stefan Heil, Vorsitzender der HSG .
Foto: rd

„Wir sind froh, überhaupt spielfähig zu sein.

Stefan Heil
HSG-Vorsitzender

Welchen Einfluss hat Corona auf den Handballbetrieb bei der HSG?
Stefan Heil: Nach dem abrupten Saisonende Anfang März war erst mal eine ganze Zeit lang gar kein Training möglich. Ab Mitte Mai einzeln und im Freien, und ab Mitte Juni durfte wieder in Kleingruppen und kontaktlos in der Halle trainiert werden. Hierfür musste ein Hygienekonzept erstellt werden, das wir von den Halleneignern genehmigen lassen mussten. Es musste auf sehr viele Kleinigkeiten geachtet werden, und alle Trainer, Spielerinnen und Spieler wurden persönlich mit den Hygieneregeln vertraut gemacht. Ab Anfang August durfte dann auch wieder mit Körperkontakt trainiert werden. Trotz allem waren wir vorsichtig mit Testspielen und Trainingslager, da zwischenzeitlich die Infektionszahlen im Main-Kinzig-Kreis wieder gestiegen waren.
Wie viel Mehrarbeit müssen die Funktionäre leisten?
Wir haben sehr viele Stunden für Gespräche, Vor-Ort-Begehungen und zur Erstellung unseres Hygienekonzepts für den Trainingsbetrieb benötigt. Es fiel uns auch nicht leicht, weil wir uns in dieser Situation unsicher waren und stellenweise auch überfordert fühlten. Es folgte auch noch ein Hygienekonzept für den Spielbetrieb, bei dem noch wesentlich mehr Dinge zu berücksichtigen waren. Auch mussten die Konzepte auf die Hallen in Steinau und Schlüchtern angepasst werden. Ich muss sagen, dass wir hinter den Kulissen im Gegensatz zu einer „normalen Saison“ mindestens dreimal soviel Zeit investiert haben, um da zu stehen, wo wir jetzt stehen. Wir werden aber auch noch sehr viel Zeit investieren müssen, da sich das Hygienekonzept nicht von selbst umsetzen wird.
Können die Heimspiele der HSG von Zuschauern verfolgt werden?
Unsere ersten Heimspiele werden wir wohl ohne Zuschauer durchführen. Das haben wir aber final noch nicht entschieden. Es ist für uns mit einem Riesenaufwand verbunden, alle Vorschriften einzuhalten. Wir müssen erstmal sehen, wie wir die Mannschaften und den normalen Spielbetrieb geregelt kriegen. Wenn wir das im Griff haben, werden wir auch Zuschauer zulassen. Wie viele das sein werden, müssen wir von Fall zu Fall entscheiden.
Haben durch die lange Pause Kinder und Jugendliche dem Handball den Rücken gekehrt oder steht dies noch zu befürchten?
Wir haben welche verloren, aber auch welche gewonnen. Die Verluste unter Corona einzuordnen, ist mir zu einfach. Es kann eine kleine Rolle spielen, aber meine Erfahrung aus den letzten Jahren sieht anders aus. Ich sehe das mittlerweile als normale Fluktuation.
War es richtig den Saisonstart um fünf Wochen nach hinten zu verschieben?
Auf jeden Fall. Ich unterstelle mal, dass die meisten Vereine zum normalen Saisonstart kein genehmigtes Hygienekonzept gehabt hätten. Auch wäre durch die unterschiedlichen Trainingsbedingungen eine Wettbewerbsverzerrung entstanden.
Glauben Sie, dass die Saison zu Ende gespielt wird?
Ja, aber ich denke nicht, dass wir eine komplette Saison spielen werden. Es wird sehr schwer, eine komplette Vorunde Rückrunde zu spielen. Der Spielplan der BOL hatte unter normalen Bedingungen keinen einzigen Ausweichtermin. Und es wird mit Sicherheit Spielausfälle geben.
Wie lautet die Zielsetzung für die Männer- und Frauenmannschaft der HSG in den Bezirksligen A?
Da wir nach unserem großen Aderlass aus den verschiedensten Gründen froh sind, überhaupt spielfähig zu sein, wäre alles außer Klassenerhalt verwegen. Wir stehen bei den Aktiven vor einem Neuanfang und haben uns deshalb entschieden jeweils eine Spielklasse tiefer an den Start zu gehen. Das heißt auch, dass wir die Gejagten sind. Jeder unserer Gegner will die, die aus der BOL kommen, besiegen. Ich bin aber überzeugt, dass uns beide Mannschaften viel Freude bereiten werden. Ich denke, dass beide Mannschaften sich im sicheren Mittelfeld bewegen werden.
Sehen Sie in dieser außergewöhnlichen Zeit weitere Herausforderungen auf die Vereine zukommen?
Generell kann ich sagen, dass wir uns von unserem Verband ziemlich alleine gelassen fühlten. Das Thema Hygiene war und ist ein zeitintensiver Job. Ich freue mich einerseits, dass es wieder los geht, sehe aber der ganzen Sache mit gemischten Gefühlen entgegen. Aktuell gehen im Raum Frankfurt, Offenbach und Hanau die Infektionszahlen wieder hoch, und es wurden lokal wieder Einschränkungen verhängt.
Was passiert, wenn wir einen Infektionsfall in den eigenen Reihen haben? Wie reagieren die Arbeitgeber, das Umfeld, vor allem, falls das wiederholt passiert? Wie gehen die Aktiven, wie die Zuschauer mit den Hygienekonzepten um? Gibt es Ärger, wenn wir die Einhaltung der Hygieneregeln einfordern? Wir wollen nicht nur einen Persilschein mit dem Konzept haben, sondern wir möchten die Umsetzung auch leben und nach bestem Wissen und Gewissen einen möglichst hohen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten. Rd