„FRUSTFAKTOR ZIEMLICH HOCH“

HSG-Vorsitzender Stefan Heil über Lockdown, Motivation und die WM

12.01.2021
SCHLÜCHTERN

Seit Mitte März ruht der Spielbetrieb bei den Handballern der HSG Kinzigtal. Wir haben deren Vorsitzenden Stefan Heil (53) zur derzeitigen Situation befragt.

Was machen die Handballer während des Lockdowns? Steht man in irgendeiner Weise in Verbindung? Hat der Trainer einen individuellen Trainingsplan ausgegeben?
Auf jeden Fall kein Handball spielen. Nein, Scherz beiseite. Was sollen die Handballer machen? Nachdem wir nach dem ersten Lockdown im Sommer 2020 in kleinen Schritten langsam wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen sind und auf einem guten Weg waren, ist bei vielen in der langen immer noch anhaltenden zweiten Lockdown-Phase der Frustfaktor ziemlich groß. Wie will/soll man sich motivieren, wenn am Horizont noch keinerlei Zeichen der Besserung zu sehen sind. Mit Stephan Ottmann haben wir allerdings, bei den Aktiven einen sehr motivierten Menschen an Bord, der unseren Handballern Woche für Woche über Zoom an zwei Abenden verschiedene Workout-Einheiten anbietet. Bei den Jugendmannschaften verteilen unsere Trainer in gewissen Abständen verschiedene Aufgaben und bieten hier und da auch Online-Trainingseinheiten an. Vielen Dank an alle für ihr Engagement.

Glauben Sie, dass je länger der Lockdown andauert, der ein oder andere – vor allem Jugendliche – die Lust am Handball oder auch an einer anderen Sportart, die er ausübt, verlieren könnte?
Generell kann das passieren. Bisher kann ich aber sagen, dass uns die meisten Mitglieder die Treue gehalten haben. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich hoffe zum einen, dass alle unseren aktiven Handballerinnen und Handballer wieder den Weg in die Halle finden, aber auch wenn wir nach den vielen Einschränkungen wieder langsam in einen einigermaßen regelmäßigen Trainingsbetrieb kommen, auf einen eventuellen Mitgliederzuwachs. Viele werden Alternativen außerhalb ihrer vier Wände suchen. Und was kann es da Besseres geben, als Mannschaftssport in einer Vereinsgemeinschaft zu treiben.

Gehen Sie davon aus, dass die Saison 2020/21 überhaupt gespielt werden kann? Wenn ja, in welcher Form?
Von mir als Berufsoptimist ein klares Nein. Wir müssen jetzt nach vorne schauen und unseren Fokus auf die Planung der Saison 2021/2022 legen. Doch auch hier bin ich nur verhalten optimistisch, ob diese schon in gewohnter Weise durchgeführt werden kann.

Stefan Heil richtet den Blick bereits auf die Saison 2021/2022.

Hat der Lockdown vielleicht auch eine kleine positive Seite – nämlich die, dass ein altgedienter Funktionär sich nicht so sehr administrativen Aufgaben rund um den Verein, sondern auch einmal verstärkt anderen außerhalb der Funktionärstätigkeit angesiedelten Dingen widmen kann?

Generell bin ich ein Mensch, der aus negativen Dingen, Positives ziehen kann. Ich hoffe, dass alle Funktionäre, Spielerinnen, Spieler, Schiedsrichter, Zeitnehmer, Eltern, Handballfans und alle, die ich in meiner Aufzählung vergesse habe, mit Abstand festgestellt haben, dass eine Vereinsgemeinschaft keine Selbstverständlichkeit ist und durch nichts ersetzt werden kann. Wir werden als noch stärkere Vereinsgemeinschaft aus dem Tal der Tränen zurückkommen und uns umso mehr auf unsere zukünftigen Events freuen und diese nicht als unnötige Last ansehen.

Auch wenn sich das hart anhört: Wer noch an die Fortsetzung der Saison glaubt, der glaubt auch noch an den Osterhasen.

Stefan Heil
Vorsitzender der HSG Kinzigtal

In Ägypten findet zwischen dem 13. und 31. Januar die Handball-WM erstmals mit 32 Teams statt. Stößt dieses Ereignis bei Ihnen auf Interesse? Und gibt es für Sie einen Favoriten?
Ehrlich gesagt habe ich mich mit diesem Ereignis überhaupt nicht beschäftigt und aktuell kann ich mich persönlich auch nicht dafür begeistern. Wir Bürger müssen uns ständig mit weiteren Einschränkungen auseinandersetzen, und in Ägypten spielt man mal eben eine Handball-WM. Die Familien der teilnehmenden Spieler müssen in dieser Zeit sicherlich mit noch erheblicheren Einschränkungen leben. Meiner Meinung nach hätte der DHB (Deutscher Handballbund) Größe gezeigt, wenn er auf die Teilnahme verzichtet hätte. Manchmal ist weniger eben mehr. rd